Über meine Arbeit

In unserem Alltag sind wir ständig einer permanent vorhandenen Reizüberflutung ausgesetzt. Sowohl akustisch als auch optisch versucht man unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen. Noch nie war es so einfach und leicht, Zugang zu Informationen auf so vielen unterschiedlichen Wegen, teilweise in Bruchteilen von Sekunden, zu bekommen. Wir verbringen Stunden im Internet, manch einer "lebt" sogar sein zweites Leben mit einem selbst erschaffenen Computer-Ich. Wir "zappen" durch eine Vielzahl von Programmen, um jeden Abend aufs Neue festzustellen, daß wieder einmal nichts gutes im Fernsehen läuft. Tageszeitungen werden immer bunter, Schlagzeilen immer reißerischer, Texte mit anspruchsvollem Inhalt immer weniger, Bilder immer wichtiger. Bei einer solchen Vielfalt an Eindrücken glaubt man natürlich, über vieles bescheid zu wissen und sowieso alles schon einmal gesehen zu haben.

Doch ich behaupte, daß wir dadurch mehr und mehr das Sehen verlernen; daß diese Fülle an Bildern, die täglich auf uns einströmen, nur eins bewirkt, nämlich, daß unsere Augen nach und nach abstumpfen. Wir hasten von einem unglaublich wichtigen Termin zum nächsten, wir wollen alles und das am besten sofort, wodurch Zeit für Ruhe und Muße in unserem Leben immer weniger vorhanden ist. Wer sieht sich heutzutage noch genau und vor allem in Ruhe an, was ihn umgibt und nimmt sich die Zeit sich mit seinen Sinneseindrücken auseinanderzusetzten?

Bei dem Betrachten meiner Arbeiten sollte man jedoch die Bereitschaft mitbringen, ein wenig von seiner kostbaren Zeit zu investieren, um sich auf meine Bilder wirklich einlassen zu können, sie also in Ruhe anzusehen und versuchen, sie mit den Augen zu "begreifen". Ich möchte keine "leicht-konsumierbare" Kost produzieren, also keine Bilder malen, auf die man einen raschen, flüchtigen Blick wirft und dann schnell zum nächsten weiter geht.

Daher versuche ich den Betracheter schon allein durch meine Arbeitsweise zu "ködern". Meine Malerei bzw. meine Zeichnungen sind in einem fotorealistischem/hyperrealistischen Stil ausgearbeitet. Dadurch hoffe ich schon ein mal die Aufmerksamkeit zu gewinnen, da das Bild ja so "schön" gezeichnet/gemalt ist. Bei näherem Betrachten allerdings, wird wohl den meisten auffallen, daß bei vielen meiner Arbeiten, das was gezeigt wird, alles andere als schön ist, wie beispielsweise bei der Serie "suicide".

Wie so oft liegt diesen Zeichnungen eine Fotoserie zugrunde. Als ich diese nach dem Entwickeln das erste mal durchsah, kam mir sofort ein Lied in den Sinn - "suicide solution" von Ozzy Osbourne. Für mich geht es in diesem Song darum, daß der Griff zum Alkohol nichts anderes ist, als sich auf eine langwierige Art und Weise das Leben zu nehmen. Probleme löst Du nicht, indem Du Dir Alk in die Venen knallst, geschweige denn wird die Welt in der Du lebst dadurch wirklich besser; was allerdings als medizinisch gesichert gilt, ist die Tatsache, daß, je mehr Du Dich der Trunksucht, dem Dämon, hingibst, Deine Leber nach und nach den aktiven Dienst an bzw. in Deinem Körper verweigern wird.

Dem aufmerksamen Betrachter wird natürlich nicht entgangen sein, daß die Beschäftigung mit Alkohol, einen gewissen Raum in meinem Schaffen einnimmt. (Masken des Dionysos, Schlafender Satyr) Vielen wird nun wohl das Schlagwort "Komasaufen" in den Sinn kommen. Allerdings war die intensive Berichterstattung der letzten Monate zu diesem Thema, Jugend und Alkohol, nicht Anlaß für mich, dieses Thema aufzugreifen, um zu zeigen, daß ich fürchterlich-aktuelle Kunst schaffen kann. Schon lange vor dem medialen Breittreten, habe ich begonnen mich mit berauschten Menschen zu befassen. Nicht der Mißbrauch des Alkohol steht im Vordergrund, sondern mir geht es einzig und allein um den Menschen.

Er steht im Mittelpunkt meiner Arbeit. Was verrät einem seine Körpersprache, Gestik und Mimik? Gewährt er einen Einblick in seinen Gefühlswelt und wenn ja, welchen? Versteckt er sich hinter einer "Maske", oder läßt er es doch zu, daß man einen kleinen Teil von seinem "wahren" Ich erkennen kann? Vor allem bin ich vom Gesicht fasziniert, schon alleine wegen der Augen, nicht um sonst Spiegel der Seele genannt. So ist es jetzt nicht weiter verwunderlich, daß viele meiner Arbeiten auf das Antlitz der abgebildeten Personen ausgerichtet sind.

Nicht immer ist es ein freundliches, fröhliches Gesicht, das einem aus meinen Arbeitetn entgegenblickt. Viele Bilder lassen Raum für Interpretationen und Deutungen, sie fordern einen förmlich heraus, sich intensiv mit dem Gezeigten zu beschäftigen.

Gerade weil ich großes Interesse an Gesichtern zeige, war eine Auseinandersetzung mit dem Sujet Porträt für mich naheliegend, was zum Zyklus "Masken des Dionysos" führte. Normalerweise wird eine porträtierte Person en-face oder in 3/4-Ansicht gezeigt, meist vor einem unbedeutenden oder monochrom gehaltenen Hintergrund. Dieser klaren Gliederung des Bildaufbaus, die sich durch eine Vielzahl von Porträts, die im Laufe der Kunstgeschichte entstanden sind, zieht, wollte ich eine etwas andere Herangehensweise gegenüberstellen. Ich wollte eine gewisse Spannung erzeugen, eine Art Wechselwirkung zwischen Vorder- und Hintergrund; es soll nicht so einfach sein, sich nur auf das Porträt zu konzentrieren.

Das Ausgangsmaterial dieser Serie sind mehr oder weniger "vorteilhafte" Schnappschüsse von Freunden und Bekannten, die sich, wie anhand ihrer Mimik meist unschwer zu erkennen ist, auf einer Party oder einem ähnlichen gesellschaftlichen Ereignis befinden, bei dem der ein oder andere Tropfen Alkohol im Spiel ist.

Diese Gesichter lege ich auf der Leinwand in monochromer Malweise an und positioniere sie vor einen farbig gehaltenen Hintergrund. Dieser stellt stets den Ausschnitt einer Etikette eines alkoholischen Getränkes dar. Ich versuche dabei das an sich grafische Element der Etikette malerisch umzusetzen, indem ich eine feine Unschärfe über den gesamten Hintergrund lege.

Generell stellt bei den meisten meiner Arbeiten ein Foto das Ausgangsmaterial dar. Ich benutze es quasi als Skizze. Vom Foto ausgehend fertige ich eine Vorzeichnung an, in der die gesamte Komposition des Bildes festgelegt wird. Diese Vorzeichnung wird dann eins zu eins auf die Leinwand übertragen und sobald das geschehen ist, beginnt der malerische Prozeß. Bei meinen Zeichnungen überarbeite ich die Vorzeichnung so lange, bis mich das Endergebnis einigermaßen zufrieden stellt. Durch die malerische beziehungsweise zeichnerische Umsetzung der Fotografie, bekommen für mich die abgebildeten Motive eine gewisse "Lebendigkeit". Von einem Foto strahlt, meiner Meinung nach, immer eine gewisse Kälte aus. Durch chemische Reaktionen im Labor entwickelt, vielleicht noch einmal eingescannt und mit dem Computer bearbeitet und anschließend ausgedruckt; diese ganzen "mechanischen" Arbeitsschritte mit allerlei Gerätschaft, erzeugen für mich eine gewisse Distanz zum Betrachter.

Meines Erachtens erreicht ein fotorealistisch gearbeitetes Bild, durch die Ästhetik der Malerei oder der Zeichnung, eine viel größere haptische Qualität. Die Eigenheiten des Materials, die Grob- beziehungsweise Feinheit der Leinwand, die Körnung des Papier, der Duktus des Pinsels, die Strichführung des Bleistiftes; all das läßt eine Arbeit für mich interessant erscheinen. Und nicht zuletzt die Tatsache, daß ein Mensch mit seiner Hand in vielen Sitzungen die Zeichnung oder das Gemälde Schritt für Schritt erarbeitet. Kleine Fehler, Unachtsamkeiten, Unebenheiten durch das Material, der Faktor Zeit, all das macht für mich den Reiz einer gemalten / gezeichneten Arbeit im Vergleich zur perfekt ausgearbeiteten Fotografie aus. Ich finde, ein von Hand gearbeitetes Bild, besitzt eine viel intensivere, größere Aura als ein Foto und macht es einem leichter, das Dargestellte auf sich wirken zu lassen und sich eingehend in das Bild zu vertiefen, vielleicht sogar sich ganz in dieses fallen zu lassen und die Zeit ein wenig zu vergessen.